Ohne echte Bürgerbeteiligung wird es keine erfolgreiche Lösung für den Windausbau geben – Politik und Branche müssen endlich handeln! Dies fordert Josef Baur.
Der Windmarkt in Deutschland ist quasi zum Erliegen gekommen. Der Zubau sackt dieses Jahr auf dramatische 1.500 MW ein – und das, obwohl Windstrom eine Säule des Klimaschutzes sein muss. 11.000 MW an Windprojekten stecken laut Windverband im Genehmigungsverfahren fest. Mehr als 1.000 Bürgerinitiativen gegen Windenergieprojekte erschweren bundesweit die Umsetzung von Projekten und über 300 Windanlagen werden derzeit beklagt, wie die Fachagentur Wind festgestellt hat.
Mit Beteiligung raus aus der Akzeptanzsackgasse
Das alles sind eindeutige Zeichen dafür, dass sich die Menschen vor Ort abgehängt fühlen. Die Windkraft steckt in der Akzeptanzsackgasse. Die Energiewende, die einst von Bürgerinnen und Bürgern vorangebracht wurde, wird vielerorts nicht mehr als die ihre angesehen. Viel zu lange haben die Branche und die Politik tatenlos zugesehen und eine echte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger als nebensächlich erachtet.
Dabei wissen wir längst aus hunderten von Beispielen, dass die Akzeptanz überall dort steigt, wo die Menschen an Windenergieprojekten teilhaben oder diese selbst initiieren. Den Wind, der über ihr Dorf weht, betrachten sie ebenso als ihre natürliche Ressource, wie das Landschaftsbild ihrer Heimat. Wenn die Anwohner aber den Windrädern am Horizont nur als Zuschauer beim Drehen zusehen dürfen, während bei entfernt niedergelassenen Gesellschaften die Kasse klingelt, dann wird Ablehnung zum unerwünschten Teil der Ernte. Und wer die Energiewende so umsetzt, und die Wertschöpfung vor Ort gänzlich ignoriert, der wird am Ende scheitern müssen.
Windunternehmen kannten diese Probleme seit Jahren, sind dem aber oft lieber aus dem Weg gegangen. Gewinne teilen, Bürger einbinden: Der Aufwand wurde gerne gescheut. Viele Projektierter verzichteten lieber darauf. Und auch die Verbände und Politiker haben Bürgerbeteiligung viel zu lange als optionales Beiwerk abgetan, anstatt die lokale Wertschöpfung zur Pflicht zu machen. Dies rächt sich nun allerorts.
Politik muss jetzt richtig handeln
Hier in den Dialog für gangbare, regional angepasste Beteiligungsmodelle zu treten, dessen werden sich aber Bundesregierung, Kommunen und Projektentwickler nicht mehr entziehen können. Ein politischer Wegzeiger wird deshalb notwendig sein. Noch ist es nicht zu spät, die Menschen wieder zu begeistern für das gemeinsame Projekt Energiewende. Aber es wird nur gehen, wenn die Menschen unmittelbar Teil davon sind.
Die von der Großen Koalition eingesetzte AG Akzeptanz hat bislang dazu keine Ergebnisse produziert. Dabei steht der Auftrag schon im Koalitionsvertrag: „Wir wollen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien die Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von EE-Anlagen beteiligen und die Möglichkeiten einer Projektbeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern verbessern, ohne dass dies insgesamt zu Kostensteigerungen beim EE-Ausbau führt." Wenn Herr Altmaier nun am 5. September zum Gipfel ruft, dann müssen diesen Worten auch Taten folgen.
Kommunen besser zu beteiligen, wird ein Schritt dahin sein. Der Zusammenhang aus ein paar tausend Euro mehr in der Gemeindekasse und dem Windrad am Horizont wird für viele Menschen aber schwer zu begreifen sein. Echte Beteiligung muss vielmehr verpflichtend sein und auch die Menschen als Individuen einbinden – von der Planung über die Finanzierung bis zur Windernte. Dafür gibt es viele Formen und Möglichkeiten, die weder Windunternehmen noch Kommunen überfordern oder soziale Gruppen ausschließen müssen. Wertschöpfung, Teilhabe und gerechte Energiewende sind auch in Hinblick auf Kosteneffizienz möglich.
Wir wissen aus rund 200 Windenergieprojekten, bei denen wir zusammen mit unseren Partnern seit 2012 Bürgerenergie- und Bürgerbeteiligungslösungen umgesetzt haben, dass dies hilft, lokal die Akzeptanz zu verbessern. Es gibt also Lösungen, man muss sie nur angehen. Nur so wird man es schaffen, die Windkraft aus der Krise zu führen und Klimaschutz möglich zu machen.
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